Bongard & Carow — Artist Statement

Partnering we thrive
Bezeichnenderweise stehen am Anfang der künstlerischen Zusammenarbeit von Katrin Bongard und Uwe Carow ca. vierhundert Briefe, die sie sich zwischen 1985 und 1988 geschrieben haben. Ausgehend von der Frage, warum die wenigsten erfolgreichen Künstlerinnen, im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen Kinder haben, geht es dabei um die Frage, wie Beziehung, Kinderwunsch und eigenständige künstlerische Arbeit lebbar sind.
Zunächst nicht als Kunstprojekt geplant, enthält dieser Briefwechsel alle Elemente, die für ihre künstlerische Zusammenarbeit elementar sind.
— Er entspringt einer unmittelbaren existenziellen Lebenssituation.
— Er betont die individuellen durch Geschlecht, Herkunft, Erziehung, Wertvorstellungen, Glaubenssystemen gewonnenen Standpunkte.
— Er stellt den Versuch dar, diese Standpunkte durch Kommunikation auf eine holarchisch höhere Ebene zu transformieren.
Seitdem befassen sich Katrin Bongard und Uwe Carow in unterschiedlichsten Ausdrucksformen intensiv mit Fragen von Herkunft, dem Verhältnis von Beziehung und Individualität, Rollenmodellen und traditionellen Strukturen (in privaten und öffentlichen Institutionen) etwa in Familien und im Kunstbetrieb.
Nach der Geburt ihrer ersten Tochter gründen sie Anfang der 1990er Jahre als gemeinsames Kunstprojekt den Präsentationsraum Vorort in Berlin Wannsee und zeigen dort abwechselnd vor einem stetig wachsenden Publikum raumfüllende Installationen.
Sie entwickeln ihre Arbeiten (im Gegensatz zu den meisten anderen Künstlerpaaren), weitgehend unabhängig voneinander. Wie in funktionierenden Systemen und Beziehungen bleiben die individuellen Charaktere (die künstlerischen Handschriften) bestehen, sind in ständiger Kommunikation und integrieren sich vorübergehend oder dauernd zu einer höheren Organisation. (z.B. der Installation).
Dabei bleiben die Arbeiten eigenständig, bilden keine starren Einheiten. Je nach Ort, Thema und Anlass können sie aus formalen, inhaltlichen und assoziativen Überlegungen neu zusammengestellt werden.
In der temporären Zusammenstellung reagieren die Arbeiten aufeinander, ergänzen, steigern sich in der ästhetischen Aussage und dem narrativen Potenzial.
Dafür entwickeln Bongard und Carow mit den Explorations ein neues Ausstellungsformat. Bei den Explorations kommen Bilder, Zeichnungen, Fotos, Videos, Skulpturen, Projektionen, Sound und Licht zum Einsatz. Die Arbeiten werden nicht wie in herkömmlichen Ausstellungen aus dem Atelier angeliefert und nach einem festen Raumplan gehängt, sondern vor Ort arrangiert oder sogar noch bearbeitet. Ziel ist nicht, eine ultimative Installation, sondern vorübergehende, funktionierende Zustände. Während des Aufbaus entstehen ungeplante Bezüge, Zusammenhänge, Erkenntnisse, aus denen neue Ansätze und Arbeiten entstehen.
Publikum kann live oder per Livestream dem Auf- und Umbau der Installation beiwohnen und so an dem verbalen und nonverbalen Kommunikationsprozess teilnehmen.
Der Prozess, die Kommunikation der Arbeiten miteinander und die daraus entstehenden Arrangements sind dann das eigentliche Kunstwerk.